Montag, 4. Januar 2016

P2P Lending, Kreditvergabe an privat - Artikelserie FinTechs Teil 1

In der Ankündigung "Welche Vorteile bieten FinTechs für Anleger?" gab es einen kleinen Streifzug durch die Welt der Finanztechnologie, die mittlerweile recht tief in unseren Alltag verwurzelt ist. Im nun folgenden Artikel betrachte ich das sogenannte P2P Lending, vorwiegend aus der Sicht eines Anlegers. P2P steht für Peer to Peer und bedeutet soviel wie gleichgestellt oder ebenbürtig, da letztendlich Privatpersonen untereinander agieren.
Kredite von Mensch zu Mensch oder privat zu privat heißt es dementsprechend bei den im deutschen Sprachgebiet besser bekannten sogenannten Online-Kreditplattformen. Welche Vor- und Nachteile sowohl Kreditnehmer als auch Gläubiger von diesem Angebot haben, sehen wir uns jetzt an.

Das Prinzip funktioniert folgendermaßen: Sowohl Menschen, die für ein beliebiges "Projekt" Geld benötigen als auch Leute, die möglichst hochverzinst Geld verleihen möchten, kommen auf diese Weise zusammen. Dabei drängt sich die Frage auf, warum denn jemand kein Geld von einer Bank oder einem anderen Geldinstitut leiht? Nun, in vielen Fällen bekommen die Kreditnehmer aus irgendeinem Grund nicht (mehr) so ohne weiteres ein Darlehen von einer Bank. Dafür mag es unterschiedliche Gründe geben, aber die Bonität der Schuldner ist in dem Fall nicht besonders positiv. Und jetzt kommt der vermeintliche Vorteil für Kreditgeber, sie können ihr Geld wegen der schlechteren Bonität des Schuldners für einen recht hohen Zins verleihen. Oft ist das Zinsniveaus deutlich höher als das, welches ein Anleger bei einer Bank oder Sparkassen bekommen würde.

Natürlich kann jemand mit einem ausreichend großen Bekanntenkreis - heute wird Netzwerk dazu gesagt - derartige Deals auch persönlich abschließend. Jedoch besteht die Gefahr, dass von irgendeiner Seite anschließend die vereinbarten Konditionen nicht eingehalten werden, mit häufig rechtlichen Konsequenzen. Zum anderen kann es sein, dass jemand so persönlich doch nicht mit einer anderen Person in Kontakt sein möchte, wenn es um mehrere Tausend Euro geliehenes Geld geht.

P2P bedeutet eine vermittelte Vereinbarung zwischen zwei
Personen - Quelle: pixabay.com
Und hier kommen nun die Online-Kreditplattformen ins Spiel. Die Anmeldung funktioniert quasi analog zu anderen Banken, was ja letztendlich auch Vertrauen schafft. Einer Anleger kann zwischen verschiedenen Menschen wählen, die ein paar tausend Euro für diverse Vorhaben benötigen. Das können Anschaffungen, Weiterbildungsmaßnahmen oder Startkapital für die Gründung einer eigenen kleinen Firma sein. Die Bonität des Schuldners ist zuvor von dem jeweiligen Anbieter ermittelt worden. Als Anleger kann man nun vermeintlich solide Schuldner mit mäßiger Renditeerwartung oder unsichere Kreditnehmer mit einer hohen in Aussicht gestellten Rendite auswählen. Dabei kommt schon das Gefühl auf, als würde man selbst als Bank auftreten, denn die Ähnlichkeit der Kreditvergabe im Vergleich zu einem echten Geldinstitut ist nicht zu übersehen.

Meine Erfahrung als Gläubiger und Anleger habe ich bei Smava gemacht. Meine letzten Rückzahlungen sind vor einigen Monaten ausgelaufen und über einen Zwischenstatus und einige Details hatte ich im früheren Artikel über Online-Kreditplattformen berichtet.
Neben Smava gehört Auxmoney wohl zu der bekanntesten Plattform, die auf dem beschriebenen Weg eine Kreditvergabe von privat zu privat ermöglicht. Allerdings gibt es mittlerweile noch weitere Firmen wie Lendico oder Lending Circle, um nur zwei weitere Beispiele zu nennen, die in ähnlicher Form ein Angebot im Markt haben.

Vor- und Nachteile für Kreditnehmer

Als einen großen Vorteil finde ich diese Art der Kreditaufnahme, wenn jemand eine tolle Idee hat, wofür beispielsweise Equipment angeschafft werden muss. Oder womöglich eine eigene kleine Firma gründen möchte, aber auf einem anderen Weg an keine Finanzierung kommt. Aus meiner Sicht ist es eine schlimme Vorstellung, sein Wunschprojekt oder gar Vision nur mangels Liquidität von einigen tausend Euro nicht umsetzen zu können.

Als Nachteil empfinde ich diese Möglichkeit der Kreditvergabe, wenn jemand grundsätzlich nicht mit Geld umgehen kann oder aus irgendeinem Grund eine bewusst schlechte Zahlungsmoral hat. Ob Bank oder die bei Onlinekreditplattformen dahinter stehenden Gläubiger, das geliehene Geld muss in jedem Fall zurückerstattet werden. Leider gibt es auch Menschen, die das nicht so sehen und denken, dass sich das irgendwie schon regeln wird. Und diese werden in ihrer Auffassung darin unterstützt, dass irgendwoher schon jemand Geld zur Verfügung stellt. Hier wäre es besser, derjenige würde finanziell nicht unterstützt, um lediglich Symptome zu bekämpfen und überdenkt seinen Umgang mit Geld einmal ganz grundsätzlich.
Das sind zwar harte Worte, aber wir brauchen uns nichts vorzumachen, das gehört mit zur Realität.

Vor- und Nachteile für Anleger

Ein Anleger kann sich in der Regel über eine hohe Verzinsung freuen. Aufgrund der Schutzmechanismen der Anbieter und bei einer Streuung auf mehrere Schuldner bleibt das Risiko einigermaßen überschaubar. Jedoch sollte man eine etwas niedrigere Rendite einplanen als sie direkt nach der Auswahl der Schuldner theoretisch zu erwarten ist. Denn wie oben gesagt, können die Kreditnehmer in vielen Fällen keine gute Bonität aufweisen.

Im Detail sieht die Realität manchmal jedoch komplizierter aus. Wer mehr als nur 1.000 Euro über eine dieser Plattformen diversifiziert an mehrere Leute verleihen möchte, muss jedoch auch einen gewissen Aufwand in Kauf nehmen. Denn um die begehrten Schuldner herrscht ein ziemlich hoher Wettbewerb, und wer nicht schnell genug ist, dem bleiben lediglich die riskanten oder zinsschwachen Schuldner. Und schon sitzt ein Anleger im üblichen Dilemma. Top-Schuldner zahlen nur niedrige Zinsen, wenn sie nicht schon bei einem "normalen" Geldinstitut einen guten Kredit bekommen haben. Bei den "Risikoschuldnern" ist es eine Abwägung, ob der hohe Zins die Ausfallwahrscheinlichkeit des Schuldners übertrifft.
Für einen Geldanleger hängt es demnach hauptsächlich davon ab, dass man genügend von der "richtige Sorte" Schuldner findet, also risikobehaftet genug, dass er attraktive Zinsen zahlt, aber auch nicht so riskant, dass er zahlungsunfähig wird.
Auf der anderen Seite müssen jeweils auch genügend Anleger bereit sein, dort für Kredite zu investieren. Fällt nur eine der beiden Seiten weg, besteht die Gefahr, dass die Plattform bald austrocknet. Von einem ähnlichen Fall, der in diese Richtung geht, hatte kürzlich Alexandra von Sauerkraut und Zaster berichtet.


Fazit

Grundsätzlich finde ich die Idee sehr begrüßenswert, dass es alternative Formen zu den traditionellen Banken gibt, sich entweder Geld zu leihen oder Kapital zu verleihen und es damit anzulegen. Aus der Sicht eines Anlegers hat man die Möglichkeit anderen Menschen für ernst gemeinte Projekte wirklich gezielt unter die Arme zu greifen. Auf der anderen Seite kann es schon einigen Aufwand bedeuten, immer auf einen geeigneten Schuldner zu warten. In dem weiter oben erwähnten früheren Erfahrungsbericht von mir, schrieb ich bereits, dass man letztendlich nur begrenztes Geld aus der "Anlageklasse Spielgeld oder sonstiges" verwenden sollte.
Eine Frage, die sich ein Investor durch den Kopf gehen lassen sollte ist, ob nicht zum Beispiel ein High Yield Bond-ETF oder ein Aktien-ETF mit hohen Ausschüttern zumindest die bequemere Variante wäre sein Geld zu investieren? Auf der Seite Ausschüttungsrendite von ETFs sind davon etliche interessante ETFs gelistet. Zur Not können diese ETFs auch schnell an der Börse verkauft werden und sind nicht an eine Laufzeit gebunden, wie die Kreditvergabe.

Wer hat bereits ebenfalls Erfahrungen, entweder gute oder weniger positive, mit P2P Lending gemacht?

Das war Teil 1 der Artikelserie "Welche Vorteile bringen FinTechs für Anleger?". Demnächst folgt ein Artikel entweder über das Social-Investing oder das Crowd-Investing.
Hier noch einmal sämtliche Artikel in der Übersicht:

Zum Weiterlesen:

7 Kommentare:

  1. Wie ist, nachdem du mit dem P2P Lending anscheinend erstmal abgeschlossen hast, dein Fazit deiner praktischen Erfahrungen ? Also, zum Beispiel, wie einfach/schwer war es immer "passende" Investments zu finden, wieviel Projekte hattest du gleichzeitig am laufen und wie sah am Ende die tatsächliche Rendite + Ausfallrate aus ?

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    1. Nach meinem Erfahrungsbericht war schon ein Großteil zurückgezahlt und aufgrund der eher kleinen Summe habe ich das seitdem nicht mehr so exakt verfolgt. Ich kann mich erinnern, dass ich ebenfalls etwas warten musste (eine Woche etwa), bis für mich akzeptable Kreditnehmer dabei waren. Insgesamt waren es fünf Leute, aufgrund der vorzeitigen Rückzahlung und des Ausfalls haben drei Personen bis zum Schluss zurückbezahlt und damit lag die Rendite etwa bei 4% oder knapp darüber.
      Für mich persönlich ist diese Art der Geldanlage jetzt vorläufig kein Thema mehr. Was aber nicht heißt, dass jemand mit etwas Geld, welches übrig ist, seine Erfahrungen damit durchaus mal sammeln kann. Der im Artikel verlinkte Bericht von Alex zeigt ja, dass sie derzeit zwar keine passenden Kreditnehmer findet, aber die bisherigen ja ganz gut "performt" haben.

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    2. also könnte man in etwa so sagen, es war jetzt nicht der totale Reinfall, aber auch nicht wirklich der große Renner ?

      Naja, da werd ich also noch ein bischen abwarten können bis das für mich interessant wird ^^ Es reicht mir schon, mich um die aller paar Monate mal rauskommenden neuen ETFs zu kümmern, der Gedanke darüber hinaus noch aus vielen Einzelpersonen passende Kreditnehmer zu suchen übersteigt dann doch meinen Willen :-D

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    3. So, hab jetzt doch mal etwas Spielgeld (nichts, was ich vermissen würde) bei einer Plattform zum ausprobieren investiert, da es mittlerweile ja schon doch einige 'operative' Lösungen gibt um das relativ passiv betreiben zu können.

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    4. Und Chris, wie sind Deine bisherigen ersten Erfahrungen nach einem knappen Jahr P2P Lending?

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    5. Naja, viel "aufregendes" gibt es auch nicht zu berichten :-)

      Ich hatte mich mal bei Mintos angemeldet - ausschlaggebend war einerseits der "Autoinvestor", man stellt einmal seine Kreditkriterien (Art, Laufzeit, Zinssatz, etc.) ein und schon kümmert sich der Bot 24/7 ums suchen&investieren. Auf selbst händisch eine Liste von hunderten Krediten zu durchforsten hätte ich eh keine Lust/Zeit gehabt. Kleine Mindestanlagesummen pro Kredit (10€) ermöglichen auch eine gute Streuung. Daneben gibt es einen aktiven Zweitmarkt, auf dem man seine Kreditanteile auch wieder an andere weiterverkaufen kann, um so nicht voll an die ganze Laufzeit gebunden zu sein (wenn man zB mal zwischendurch sein Geld wieder abziehen will). Schlussendlich gibt es auch ein sog. "Buyback" - wenn ein Kredit in Verzug gerät, wirst du vom Darlehensanbahner (die Kreditunternehmen, die den Kredit ursprünglich ausgegeben haben) wieder ausbezahlt - so musst du dich (theoretisch) nicht mit Totalausfällen in deinem Portfolio rumschlagen, allerdings sollte natürlich auch niemand glauben, dass das Buyback eine tatsächliche Garantie sei und nicht nur ein Schönwetter-Versprechen ist, dass (sobald es für die Unternehmen nicht mehr tragbar ist) sofort wieder aufgegeben würde. Deshalb ja auch bleibt es bei der grundsätzlichen Empfehlung, P2P lieber erstmal nur als "Spielgeld"-Beimischung fürs Vermögen zu betrachten und niemand gleich schon seine ganze Existenz da reinstecken sollte.

      Ansonsten gibt es wie gesagt nicht viel spannendes zu erzählen. Ich schau höchstens einmal im Monat rein ob alles seinen rechten Gang geht. Geld ist noch da? Ahja gut. Zinsen werden weiter gezahlt? Ok, danke und tschüss.
      Die Ausfallquote beträgt theoretisch so um die 10% (Anteil des Portfolios, was im Verzug ist), da allerdings bisher nach ein paar Wochen noch immer der Buyback gegriffen hat und das Geld zurückerstattet wurde, hat das (noch ;-) keinen Einfluss auf die Rendite (welche mit ugf 12% angegeben wurde, und wenn ich das Kapitalwachstum übers letzte Jahr betrachte, auch so stimmt).

      Fazit bis jetzt, läuft - mich interessiert das Thema zwar nicht so sehr dass ich mich wie die Spezis in Claus' Forum so intensiv damit beschäftigen würde, aber wer etwas Lust am ausprobieren hat und Spielgeld rumliegen hat (dessen Verlust man im Ernstfall auch verschmerzen könnte, also keine Illusionen ;-), der kann von mir aus auch mal ein paar hundert Euro ins Baltikum schicken um das mal auszuprobieren.

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  2. Über meine Erfahrungen mit p2p lending schreibe ich in meinen Blogs P2P-Kredite.com und P2P-Banking.com.

    Wie Du hatte ich meine erste Anlage 2007 über Smava (inzwischen alle meine Smava Invests ausgelaufen). Seitdem habe ich über ein Dutzend verschiedene Plattformen ausprobiert und mein größter Invest läuft bei Bondora - Zwischenfazit dazu nach 3 Jahren hatte ich vor 5 Tagen im Blog gepostet.

    Frohes Neues!

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