Montag, 7. Dezember 2015

Die Psychologie des Verlustes - und wie Sie damit umgehen können - Teil 2

Artikel wurde von Chris verfasst

Im ersten Teil der zweiteiligen Artikelserie "Die Psychologie des Verlustes" haben wir über einige verschiedene Arten des Verlustes mit Wertpapieren an der Börse gesprochen.
Im nun folgenden zweiten Teil gehen wir der Frage nach, warum wir Menschen uns vor Verlusten so fürchten und wie wir mit ihnen umgehen sollten. Dabei stellt sich auch die Frage nach einer geeigneten möglichen Ausstiegsstrategie.

Warum fürchten wir Menschen uns so vor Verlusten?
Selbst wenn das auf den ersten Blick eine dumme Frage zu sein scheint - denn wer mag schon Verluste (außer ein paar Steuertrickser) ? - lohnt es sich doch, sich damit zu beschäftigen um sich selbst besser verstehen zu lernen und damit auch für die Zukunft souveräner agieren zu können. So haben Finanzpsychologen zum Beispiel in verschiedenen Untersuchungen herausgefunden, dass die Trauer um einen Verlust eines bestimmten Geldbetrages stets schwerer wiegt als die Freude über einen Gewinn des exakt gleichen Betrages (erst ab einem Verhältnis von 2:1 Gewinn kippt die Stimmung).

Und obwohl Gefühle meist im Gegensatz zur Vernunft stehen, ist eine solche Verlustaversion selbst mathematisch eigentlich gar nicht mal so unvernünftig. Denn Verluste sind immer schwerer wieder aufzuholen, je tiefer sie fallen. Wer beispielsweise von einem Wert 20 Prozent verliert, braucht einen 25-prozentigen Gewinn, um nur wieder auf den Ausgangswert zu kommen. Wer 50 Prozent verliert, muss schon 100 Prozent Gewinn machen, so schwer ist es, wenn die Macht der Prozentrechnung auch mal gegen einen arbeitet.

Wie sollen wir also mit Verlusten umgehen ? 
Denn ganz ausschließen wird man sie nie können, wenn man sein Geld nicht nur auf dem Konto liegen lassen will. Es geht also um vernünftige Verlustminimierung.

Zuallererst ist es wichtig, sich über seine persönliche „Schmerzgrenze“ klar zu werden. Wenn ich weiß, wie viel Verlust ich ertragen kann, kann ich daraus ableiten, wie viel Kapital ich in Risiko-Anlagen investieren sollte. Natürlich sind diese Überlegungen erst mal nur theoretischer Natur, solang der Verlustfall nicht eingetreten ist. So mancher „risikobereite“ Anleger hat sich schon bei der ersten steifen Brise als eigentlich nur scheues Reh herausgestellt. Seien Sie deshalb nicht zu übermütig. Investieren ist kein Wettkampf, bei dem Sie irgendjemandem etwas beweisen müssten.

Nehmen wir an, ein Anleger hat 50.000 Euro liquides Vermögen zur Verfügung und will (beispielsweise in einem Welt-ETF) damit investieren. Er will sein Risiko (bezogen aufs Gesamtvermögen) auf 15 Prozent Verlust begrenzen. Dabei ist meine Faustregel, dass man bei einer Aktienanlage in einem Welt-ETF von einem möglichen Verlust von 50 Prozent ausgehen sollte, was in etwa der Größenordnung von den in vergangenen Jahrzehnten aufgetretenen Crashs und Krisen entspricht. Mit einem einfachen Dreisatz kann man nun ausrechnen, dass er von seinen 50.000 Euro nur einen Teil von 15.000 Euro in Aktien anlegen sollte, und der Rest 35.000 Euro weiter in sicheren Anlageklassen bleiben (natürlich kann man dazu auch gleich eine Grundsatzdiskussion führen, was heutzutage noch „sicher“ ist, egal ob Tagesgeld oder AAA-Anleihen, mit Sicherheit ist hier vor allem gemeint, dass die Anlagen nicht im Wert schwanken).

Sollte nun der Krisenfall eintreten, und die Aktienwerte halbieren sich auf 7.500 Euro besteht der Verlust bezogen aufs Gesamtkapital (jetzt noch 42.500 Euro) nur aus den eben avisierten minus 15 Prozent. Natürlich ist auf der anderen Seite mit einer so relativ niedrigen Aktieninvestitions-Quote auch kein besonders starker Vermögenszugewinn zu erwarten. Wer also offensiver Chancen nutzen will und dabei auch mögliche Maximal-Verluste von 25 Prozent in Kauf nehmen kann, darf gern die Hälfte seines Kapital in Aktien anlegen. Um auch wirklich die Zeit zu haben, eventuelle Verluststrecken wirklich langfristig aussitzen zu können, sollte sowieso nur mit Kapital investiert werden, welches frei zur Verfügung steht und nicht kurzfristig bald wieder gebraucht wird.

Man kann auch mittels Stop Loss Order bei jedem Broker einen automatischen Verkaufsauftrag einrichten, bei dem das investierte Kapital bis zu einer bestimmten Kursgrenze geschützt wird. Allerdings scheitern die meisten Privatanleger dabei meiner Erfahrung nach in der praktischen Umsetzung. Zu ängstlich und zu nah am Kurs gesetzt, wird man auch schnell von normalen Marktschwingungen ausgestoppt (und die Aktie dreht dann gern wieder). Aber je weiter weg man den Stop vom Kurs setzt, umso mehr verliert er ja wieder seine beabsichtigte Schutzwirkung.

Markttiming ist kaum zu schaffen
So schön der Gedanke im Rückblick auch ist, niemand kann wirklich zuverlässig Höchst- und Tiefststände der Kurse für die Zukunft vorhersagen. Die meisten Privatanleger haben dafür ein sehr schlechtes Gefühl – sie steigen zu spät aus, steigen danach aber auch genauso zu spät wieder ein (wenn der Markt schon wieder längst gestiegen ist). Ich rate daher, sich auf solche Timing-Versuche gar nicht erst einzulassen und einfach immer in regelmäßigen Intervallen eine feste Summe Kapital ins Depot zu investieren. Neben dem Cost-Average-Effekt (kurz gesagt, wenn die Kurse fallen, kann man fürs gleiche Geld mehr Anteile kaufen) gibt das dabei auch die nicht zu unterschätzende psychologische Wirkung, das man viel beruhigter investieren kann wenn man immer weiß, das nicht das komplette Vermögen auf einmal dem Markt ausgesetzt ist, sondern man immer genug in der Hinterhand hat um reagieren zu können.

Es gibt mittlerweile auch einige sogenannte „Smart Beta“-Indexkonzepte, die gezielt das Thema Risiko behandeln. Als Beispiel möchte ich Ihnen den MSCI World Minimum Volatility Index vorstellen, welcher aus den 1600 Aktien des „großen“ MSCI World gezielt etwa 270 Werte auswählt, welche die niedrigste Volatilität (Maß für die Schwankungsbreite) im Vergleich zum Mutterindex haben. Das Konzept scheint, zumindest in der Theorie, in der Vergangenheit funktioniert zu haben, denn die Volatilität über 10 Jahre betrug nur 11,7 Prozent (im Gegensatz zu 16,24 beim Standard-Index). Auch der Crashtest ist vielversprechend. So hat der Index im Krisenjahr 2008 „nur“ 29,2 Prozent Verlust gemacht, während der MSCI World um ganze 40,3 Prozent abgerauscht ist. Auch den aktuellen Knick an der Börse hat die Volatilitäts-Variante (3-Monats Performance: minus 2,4 Prozent) besser überstanden als der normale Index (minus 8,3 Prozent).


Einen ETF dazu gibt es zum Beispiel von iShares, physisch, thesaurierend, für 0,30 Prozent TER. Alles in allem ein interessantes Konzept, und wie man an der langfristigen Kursentwicklung im MSCI Factsheet sehen kann, muss „weniger Risiko“ auch nicht automatisch immer gleichzeitig „weniger Rendite“ bedeuten, was die Gesamtperformance seit Start 1988 (8,4 Prozent p.a versus 7,1 Prozent) zeigt. Ja, das steht erst einmal in scheinbarem Widerspruch zum allgemeingültigen Finanz-Gesetz, dass es mehr Rendite immer nur mit höherem Risiko gibt, aber deshalb werden solche Faktoren wie Low Volatility auch als „Anomalien“ bezeichnet. Aber, so positiv das bis jetzt auch klingen mag, natürlich sollten Sie sich auch keine Wunderdinge von diesem Produkt erwarten. Schwankungen wird es auch weiterhin geben, genauso wie auch die Volatility-Variante Verluste einfahren kann. Vielleicht etwas weniger als der normale Index, aber wenn es immer noch mehr als Ihre persönliche „Schmerzgrenze“ sind, sollten Sie lieber das beherzigen, was ich oben unter dem Punkt „Investitionsgrad“ angesprochen habe.

Fazit
Eine gute Möglichkeit sich vor plötzlichen Verkäufen zu schützen ist die Diversifizierung von Aktien mit anderen Anlageklassen. Wer aufgrund von möglichen Kursverlusten nachts schlecht schläft, sollte dabei die Aktienquote nicht zu hoch wählen, um Fehler zu vermeiden.
Bei einer hohen Aktienquote sind für einen selbst geeignete Ausstiegsstrategien fast noch wichtiger als der Kaufzeitpunkt. Denn was aber guten Anlegern von den anderen unterscheidet, ist souverän mit Verlusten umzugehen und dem Wissen, wie man sich emotional bei Verlusten fühlt.

Wer von Ihnen hat klar festgelegte Regeln, wie er mit Verlusten seiner Wertpapiere umgeht?
  • Sie wollen grundsätzlich mehr aus Ihrem Geld machen?
  • Die Zeiten einer knappen Kasse soll bei Ihnen der Vergangenheit angehören?
  • Ihr Geld soll endlich einmal hart für Sie arbeiten? 
  • Sie möchten langfristig Vermögen aufbauen?
  • Sie möchten mehr zu passivem Einkommen erfahren?
  • Sie möchten sich über den aktuellen Status der Aktienmärkte informieren?

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9 Kommentare:

  1. Ich sichere hohe Kursgewinne durch klassische Optionen (keine Optionsscheine) ab. Für mich ein sinnvolles Instrument, da transparent und ohne Emittetenrisiko und Bankeneinfluss.

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    1. Hallo, könntest du das bitte anhand eines Beispiel etwas erläutern

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  2. Hallo,

    anbei eine Aufstellung einiger „Smart Beta“ ETF

    iShares MSCI Emerging Markets Minimum Volatility

    Anlageklasse: Aktienindex-ETF
    ISIN: DE000A1KB2B3
    Gesamtkostenquote: 0,40 Prozent
    Ertragsverwendung: thesaurierend
    Benchmark: MSCI Emerging Markets Minimum Volatility Index

    iShares MSCI Europe Minimum Volatility

    Anlageklasse: Aktienindex-ETF
    ISIN: DE000A1KB2C1
    Gesamtkostenquote: 0,25 Prozent
    Ertragsverwendung: thesaurierend
    Benchmark: MSCI Europe Minimum Volatility (EUR)

    iShares MSCI World Minimum Volatility

    Anlageklasse: Aktienindex-ETF
    ISIN: DE000A1KB2D9
    Gesamtkostenquote: 0,30 Prozent
    Ertragsverwendung: thesaurierend
    Benchmark: MSCI World Minimum Volatility Index

    iShares S&P 500 Minimum Volatility

    Anlageklasse: Aktienindex-ETF
    ISIN: DE000A1KB2E7
    Gesamtkostenquote: 0,20 Prozent
    Ertragsverwendung: thesaurierend
    Benchmark: S&P 500 Minimum Volatility Index


    den iShares MSCI World Minimum Volatility DE000A1KB2D9 müsste es jetzt noch als ausschüttende Variante geben, dann wäre die Sache perfekt.


    Gruß
    vdboom

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    1. Das immer wichtiger aufkommende Thema "Smart Beta" wird auch bald seine eigene Artikelserie kriegen :)

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    2. Hallo,

      kann mir hier jemand sagen wir der ETF iShares MSCI World Minimum Volatility

      ISIN: DE000A1KB2D9
      Gesamtkostenquote: 0,30 Prozent
      Ertragsverwendung: thesaurierend
      Benchmark: MSCI World Minimum Volatility Index

      da Domizil Irland ist steuerlich behandelt wird?

      Danke
      Gruß
      vdboom

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    3. Ausländischer Thesaurierer, das heißt ausschüttungsgleiche Erträge selbstständig in der Steuererklärung mit angeben

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  3. Moin,
    ich betrachte meine Anlage insgesamt von einem anderen Gesichtspunkt! Der Kurs der Aktie oder der Marktwert einer Immobilie steht für mich nicht im Fokus. Welche tatsächliche Rendite erhalte ich pro Jahr aus meinem Investment!

    Der Buchwert sollte nach dem Kauf so gut wie keine Rolle mehr spiele. Einschränkung für mich wäre nur bei EinzelInvest in Aktie, hier müsste ich natürlich Fundamental auf dem laufenden bleiben.

    Es ist doch egal ob meine Wohnung oder mein ETF 100k,200k oder nur 10k wert ist, wenn ich aber eine Rendite auf mein eingesetztes Kapital durch Dividenden/Mieten von zum Bsp. 8% erziele. Dies möglichst noch jährlich steigend, dann ist der aktuelle Buchwert komplett für mich egal. Wichtig ist zu erkennen, der Kurswert stellt meist nicht den Wert des Unternehmen dar, sondern ist ein gehandeltes Papier, wo Angebot und Nachfrage den Preis bestimmen. Folglich keine Nachfrage, niedriger Preis. Frage bleibt nur, was hat dies mit der tatsächlichen Geschäftsentwicklung zu tun? Wenn die Antwort nichts lautet, dann muss man auch nicht handeln.

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    1. Genau, diese "Cashflow"-Sichtweise auf seine Investments zu haben, kann auch viel dazu beitragen, die psychologische Haltung im Umgang mit Kursen (und Kursverlusten) zu disziplinieren.

      Das wurde im Blog auch schon in vielen Artikeln direkt thematisiert als Vorteil um den Leuten (gerade Anfängern/Einsteigern, die noch denken, Aktien bestehen nur aus Kursbewegungen) die Anlage in Dividendenwerte näherzubringen.

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    2. Sollte man davon ausgehen , das bereits alle Nachrichten im Kurs eingepreist sind ( nicht m.M. ) ist der Kurs sicherlich relevant . Aber diesen überhaupt nicht berücksichtigen zu wollen , halte ich schon für gewagt . In der Regel ist es so , das der Kurs halt doch irgendetwas mit der Geschäftsentwicklung zu tun hat , und sei es nur das die Masse der Anleger glaubt das sich etwas so oder so auswirken wird . Und bei der Geschäftsentwicklung würde ich eher auf EK Rendite und Umsatzentwicklung schauen , da dieses doch eher etwas über den Trend bei diesen UN aussagt . Dein vorletzter Satz ist sicherlich der richtigste . Das ist genau das was ich mich auch immer frage. Lediglich die Beantwortung fällt mir sehr schwer , in ermangelung der Glaskugel .

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